Die «Schwimmenden Inseln» am Tiefenbrunnen


Die Idee der Schwimmenden Inseln bewegt mich emotional so sehr wie kaum etwas Dingliches bisher in meinem Leben. Wer das besondere Gefühl kennt, auf dem Wasser zu verweilen, weiss, wovon ich spreche. Das losgelöst sein vom Erdboden, die sanften Wellenbewegungen, der Wind – eine ganz eigene Bewusstseinsumgebung, die innere Ruhe erzeugt, Abstand finden lässt, anderen Gedanken Raum schafft, neuen Gedanken.

Warum gerade in Zürich, warum am Bahnhof Tiefenbrunnen, fragte mich jemand mal. Und natürlich, die Schwimmenden Inseln, weil sie ja eben schwimmen, sind mobil. Es müsste nicht grad dort sein. Aber es kann. Und es macht sehr viel Sinn. Die Stadt Zürich ist enorm gewachsen in den letzten Jahrzehnten, von rund 360.000 Einwohnern 2000 auf über 448.000 Personen 2024. Daraus ergibt sich ein grösserer Bedarf an Grün- und Freizeitflächen für mehr Menschen. Auch ist die Uferregion südlich des Zürichhorns, beginnend mit dem Ufer vor dem Bahnhof Tiefenbrunnen, als Entwicklungszone von Stadt und Kanton im Leitbild Seebecken vorgesehen. Geplant ist unter anderem ein grosser Hafen für Yachtbesitzer. Wie schön wäre es, wenn man auch Jedermensch das Erlebnis auf dem See bieten würde. Die Schwimmenden Inseln würden dies leisten. Auch geographisch ist die Lage ideal. Die Schwimmenden Inseln vor der ins Wasser hineinragenden Landzunge beim Zürichhorn würden sich harmonisch eingliedern. Anwohnern wird nichts zugebaut, denn es gibt sie schlicht nicht. Gegenüber von der Bellerivestrasse ist lediglich der Bahnhof Tiefenbrunnen. Eine gute Verkehrsanbindung bietet selbiger Bahnhof Tiefenbrunnen. Man geht über die Strasse – und steht vor den Schwimmenden Inseln. Und auch wenn – wir beim geplanten Hafen weiter südlich – die Uferzone besonderen Schutz erfahren muss, weiter draussen im Wasser, schwimmen die Inseln gemäss unseren Abklärungen ohne irgendeinen nicht gewünschten Einfluss auf die Natur. Und zu guter Letzt – wobei man daran natürlich nicht als Erstes denkt, wenn man etwas kreativ schaffen will –, die Inseln sind 100% rückbaufähig. Will man sie nicht mehr, verreisen sie und alles ist wieder so wie zuvor. 

Und so begann ich vor ca. zwei Jahren, diese Idee zu teilen, die mich seither nicht mehr losgelassen hat: Schwimmende Inseln vor dem Bahnhof Tiefenbrunnen im Zürichsee – ein Ort, der allen Menschen offensteht, ein Ort der empfundenen Freiheit und des Friedens, der Inspiration und Gemeinschaft auf dem Wasser.

Mittlerweile konnte ich unzählige Gespräche führen – mit Stadtplanern, Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und sonstigen Insidern. Was mich dabei zutiefst bewegt hat: Ich habe praktisch nur positive Reaktionen auf das Projekt an sich erhalten. Kaum jemand konnte sich dem Zauber der Idee entziehen. Manch einer bot spontan Unterstützung an. Und so denke ich, bestärkt im Glauben, etwas Einzigartiges schaffen zu können, ist es Zeit, nicht nur weiter zu träumen, sondern konkrete Schritte zu gehen.

Vom Gedanken zur Bewegung

Um das Projekt auf breitere Beine zu stellen, wurde Anfang 2025 der Verein City of Yes gegründet. Die Vision der Schwimmenden Inseln mag meine Idee, mein Konzept gewesen sein, doch wenn es Realität werden soll, bedarf es eines gemeinsamen Engagements. Der Verein soll Plattform und Heimat sein für Förderer, Unterstützerinnen, Mitstreiter. 

Mir ist wichtig dabei zu betonen: Dieses Projekt ist kein Geschäft. Niemand wird damit Geld verdienen. Im Gegenteil – die Schwimmenden Inseln sind ein Geschenk an die Allgemeinheit. Jede Insel wird von Mäzenen finanziert und, so das Konzept, sodann der Stadt Zürich frei zur Nutzung bereitgestellt. Ja, die Stadt müsste sich bereiterklären, die Inseln während der Dauer der Nutzung zu unterhalten, weil keine andere Institution dies so kann wie die Stadt. Die Inseln selbst aber sind eine unentgeltliche Leihgabe, vermutlich und gemäss Vorabklärungen wohl von lokal in Zürich verwurzelten Unternehmen, denen die Stadt am Herzen liegt. 

Ein Erlebnis für alle

Die Schwimmenden Inseln sind als wabenförmige, thematisch gestaltete Inseln gedacht, die wie kleine Welten auf dem Wasser liegen. Jede Insel erzählt ihre eigene Geschichte, wie zum Beispiel…

…die Insel Karl Bürkli – ein schwimmendes Gemeinschaftszentrum, offen für Begegnung und Teilhabe

…die Insel Binia Bill – Kunst, die vor aller Augen entsteht, diskutiert und gefeiert wird

…die Insel Rudolf Wolf – ein Tor zum Kosmos, das den Blick von den Wellen bis in die Sterne lenkt

…die Insel Hedwig Strehler – ein schwimmendes Klassenzimmer, das Bildung in einer neuen Perspektive erlebbar macht

…die Insel Daniela Jutzeler – ein Ort des Sports, Bewegung und Energie, mitten im See

Alle Inseln eint ein Grundgedanke: Erlebnis und Tiefgang zugleich. Sie sollen Freiheit schenken und gleichzeitig Bildung, Kultur, Wissenschaft und Sport nahbar machen.

Nachhaltigkeit im Zentrum

Natürlich werden die Inseln klimaneutral betrieben und umweltverträglich gestaltet. Mehr noch: Sie sollen das Leben im Wasser fördern, nicht stören. Der Steg wird transparent gebaut, die Uferzone respektiert.

Inspiration aus Zürich und der Welt

Dass solche Projekte möglich sind, zeigen zum Beispiel die Herzbaracke, die seit 1998 Kultur auf dem Wasser bietet, der Pavillon of Reflections direkt vor dem Zürcher Seeufer an der Manifesta 2016, erschaffen von der ETH Zürich oder auch die Badeinseln Lorelei im Urnersee. Ein öffentlich zugängliches Erlebnis im Herzen von Zürich.

Der nächste Schritt

Nach den ermutigenden Gesprächen ist es jetzt Zeit, die nächste Etappe zu gehen. Es gilt nun zu klären, wie wir die Vision konkret umsetzen können – technisch, ökologisch, finanziell. Dafür werden wir nunmehr in den Dialog mit Entscheidungsträgern treten und hoffentlich einen weiteren Schritt gehen können. 

Die Schwimmenden Inseln sind mehr als nur ein weiteres Freizeitprojekt. Sie haben das Zeug dazu, Menschen etwas grundlegend Neues zu ermöglichen – ein Erleben auf dem Wasser, friedlich in Rhythmus der Wellen.